18 April 2022

Wo kommen die Projekte her? IT- Strategie Teil 3: IT- Roadmap entwickeln

In Teil 1 und Teil 2 habe ich einige Grundüberlegungen zu einzelnen Bereichen der IT- Strategie mit Ihnen geteilt - widmen wir uns nun dem Großen Ganzen der IT- Strategie.

Am Anfang steht das Ziel - haben wir keinen Hafen, den wir mit unserem Schiff ansteuern wollen, so werden wir auf offener See herumirren. Was ist das Ziel der IT- Strategie, abgesehen davon, dass wir IT- Strategen Arbeit geben und wahnsinnig wichtig klingende Strategiemeetings abhalten können? 

Eine Strategie ist ein Plan, um Ziele zu erreichen. Hier zeigt sich, warum die IT- Strategie der Unternehmensstrategie folgen muss: Sie wollen keine theoretisch schöne IT- Landschaft haben, um damit auf dem nächsten Kongress angeben zu können - Sie wollen eine funktionale IT - Landschaft haben, die Sie bei Ihren Unternehmenszielen optimal unterstützt. Sie wollen Ihre Prozesse digitalisieren, den Kundennutzen maximieren, die Shoppingerfahrung Ihrer Kunden verbessern oder neue Geschäftsfelder erobern. Daran muss die IT- Landschaft kontinuierlich ausgerichtet werden und somit Ihrer Geschäftsstrategie folgen. 

Das Ziel der IT Strategie ist somit ein Plan, um die Unternehmensziele im Hinblick auf die einzusetzenden IT- Systeme erreichen zu können. Die IT- Strategie alleine hilft da natürlich nicht viel, zusätzlich benötigen Sie noch weitere Strategien, z.B. eine Personalstrategie (welche Rollen benötige ich wann in meiner Organisation, um die Geschäftsziele zu erreichen?), eine Investitionsstrategie (Welchen Organisationsbereichen stelle ich wann wieviel Budget zur Verfügung?) und letztendlich eine Strategie für jeden einzelnen Organisationsbereich (Welchen Output muss der Bereich erstellen, um die Geschäftsstrategie zu erreichen?). Der Weg zur Entwicklung der einzelnen Strategien ist letztendlich zumindest methodisch derselbe, aber da dies hier ein Blog und kein Buch ist: Widmen wir uns der IT- Strategie.

Der Plan, welcher entwickelt werden soll, wird auch als Roadmap bzw. in diesem Fall als IT- Roadmap bezeichnet und könnte so aussehen:


Jeder einzelne Balken im Gantt- Diagramm ist ein Projekt und wird bei der konkreten Planung vom Projektleiter in einzelne Teilprojekte und Arbeitspakete aufgesplittet. Die IT- Roadmap ist somit aus Projektmanagementsicht ein Projektportfolio: Eine Sammlung von Projekten als permanente Aufgabe, denn das Portfolio muss regelmäßig überprüft und angepasst werden.

Wie kommen wir nun dazu, die Roadmap zu entwickeln? 

1. Bestandsaufnahme /Systematisieren

Zunächst müssen wir wissen, welche Systeme wir bereits im Einsatz haben, andernfalls können wir schwer entscheiden, was wir noch benötigen. Die groben Austauschbeziehungen zwischen den einzelnen Systemen zu kennen hilft ebenfalls enorm. Wer es gerne technisch mag, kann dafür zur Excel- Tabelle greifen, ich schlage eine grafische Darstellung vor. Zur Erstellung der Bestandsaufnahme sollen die Kollegen sämtlicher Unternehmensbereiche befragt werden. Das Ergebnis könnte so aussehen:


Anhand der Bestandsaufnahme wird erkannt, welches Schiff wir haben und wofür es ungefähr reichen könnte - stellen wir fest, dass wir ein Tretboot haben, so sollten wir uns damit nur auf einem ruhigen See bewegen, ein Ruderboot könnte für offenes Gewässer in Küstennähe reichen und ein Hochseedampfer kann wochenlang ohne Pause gefahrahrlos auf dem Meer schippern.

2. Top- Down: Gegenüberstellung mit der Unternehmensstrategie

Jetzt müssen wir wissen, wohin wir mit unserem Boot fahren wollen, also wohin sich das Unternehmen entwickeln möchte: Wollen wir mehr Kunden gewinnen? National oder International? Wollen wir unseren (Neu)Kunden einen besseren Service bieten? Wollen wir interne Prozesse für unsere Kollegen verbessern, verschlanken oder eine höhere Qualität durch eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen einzelnen Abteilungen erreichen? Am Ende der Kette stehen die Fragen, ob die vorhandenen IT- Systeme für die jeweiligen Zwecke vorhanden sind, eingeführt werden müssen oder verbessert werden sollen/ müssen.

3. Bottom-Up: Operative Schwachstellensuche

Nicht nur die Strategie der Geschäftsführung ist relevant, sondern auch die täglichen Probleme der Sachbearbeiter. Ein vorhandenes System kann aus Sicht der Geschäftsführung seinen Dienst tun, in der täglichen Arbeit allerdings umständlich sein und für eine Menge Effizienzverlust sorgen. Daher sollten auch die Mitarbeiter bzw. Keyuser nach Verbesserungswünschen befragt werden - IT soll schließlich das gesamte Unternehmen unterstützen. Auch hier schließen sich die Fragen an, ob zur Verbesserung der operativen Prozesse (im Hinblick auf die gewünschten Unternehmensziele) vorhandene Systeme weiter genutzt werden können, verbessert werden sollen oder so verbrannt / kaputtgecustomized sind, sodass am besten ein neues System eingeführt werden soll. Im übertragenen Sinne fragen wir die Crew, wie sie den Zustand unseres Schiffes einschätzen, denn selbst wenn wir bei der Bestandsaufnahme festgestellt haben, dass wir einen Hochseedampfer haben, so sollten wir nicht ohne weiteres damit auf eine Antarktis- Expedition aufbrechen. Die Crew des Schiffes kann am besten einschätzen, wo weitere Schwachstellen liegen und ob unsere Expedition von Erfolg gekrönt sein könnte.

4. Konkurrenzanalyse: Blick nach außen

Die Konkurrenz schläft nicht - selbst wenn wir "nur" unsere Marktanteile beibehalten wollen, müssen wir unsere Systeme regelmäßig anpassen. Daher lohnt sich die Frage nach der Standortbestimmung im Konkurrenzmarkt, nicht nur aus Gesamtunternehmenssicht, sondern auch im Hinblick auf die verwendeten IT- Systeme: Welche Shoptechnologie nutzen unsere Konkurrenten, sind automatische Pakettrackingfunktionen sauber angebunden? Hat die Konkurrenz ein CRM, werden von dort aus regelmäßig Marketingkampagnen an die Kunden gestartet? Das alles kann man recht einfach ohne die Gefahr der Betriebsspionage durch Testkäufe herausfinden. Strapazieren wir das Schifffahrt- Beispiel noch ein wenig: Welchen Seeweg benutzen andere Schiffe? Können wir dieselben Wege nutzen oder wollen wir das Risiko eingehen, neue Wege zu erkunden? 

5. Sonstige Methoden

Die bisher dargestellten Methoden sollte ein recht klares Bild ergeben, welche IT- Systeme im Unternehmen vorhanden sind und was noch fehlt, um in Zukunft weiterhin erfolgreich sein zu können und die Unternehmensstrategie umzusetzen. Es existieren noch eine Reihe weiterer Konzepte, welche zur Abrundung des Gesamtbildes verwendet werden können:

  • Lebenszykluskonzept
    • Auch Technologie hat einen Lebenszyklus (Entwicklung, Einführung, Wachstum, Reife, Rückgang, Abschaffung). Die identifizierten Systeme können anhand ihres Fortschritts im Lebenszyklus beschrieben werden, um Handlungsoptionen abzuleiten
    • Hierbei werden die jeweiligen Systeme lediglich anhand einer starren zeitlichen Beurteilungsdimension bewertet, ein konkreter Bezug zu individuellen Unternehmenszielen oder aktuellen Schwachpunkten fehlt leider
  • BCG- Matrix
    • eine angepasste BCG- Matrix liefert Normstrategien zum Umgang mit den jeweiligen Systemen:

    • Mit dem Ergebnis, 4 Normstrategien entwickelt zu haben, ist der geneigte Projektmanager ja bereits bei der Stakeholderanalyse glücklich. Die angepasste BCG- Matrix stellt zumindest einen Ausgangspunkt dar, um bei Bedarf in einem weiteren Schritt dann individuelle Strategien für das jeweilige IT- System entwickeln zu können
  • SWOT- Analyse
    • Auch die SWOT- Analyse kann auf Fragestellungen betreffend der IT- Strategie angewendet werden

Planen Sie Ihre IT- Strategie systematisch anhand einer Roadmap? Welche Methoden wenden Sie dazu an? Welche Methoden würden Sie gerne einmal ausprobieren? Welchen Schiffstyp würden Sie für welchen Zweck nutzen? Lassen Sie es mich in Ihrem Kommentar wissen.



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